Heinrich Bursch baute das erste Bio-Lebensmittel der Köln-Bonner Bucht nach dem Krieg an. Jahrzehnte blieb er seiner persönlichen Überzeugung treu und wirtschaftete zusammen mit seiner Frau Margarete konsequent ökologisch. Ein steiniger Weg, dessen Mühen sich gelohnt haben. Sohn Heinz und Tochter Renate verwalten mittlerweile einen über 100 Mitarbeiter starken Demeter-Betrieb.
Nimmt man heute an der Hofführung teil, erzählt Lothar Tolksdorf von über 70 Gemüsesorten, die im biologischen Gleichgewicht gedeihen. Was heute der Inbegriff der wertschätzenden Landbewirtschaftung ist, war nach dem Krieg verpönt.
1960er: Modern ist, was giftig ist
Zu Beginn der 60er Jahre dringt die „moderne“ Landwirtschaft mit chemisch-synthetischen Unkrautvernichtungsmitteln und Düngern bis auf den letzten Acker vor. Die Erträge explodieren. Doch das Unbehagen Heinrich Burschs wächst mit der Zahl der „Wundermittel“, die zum Einsatz kommen: Insektizide, Herbizide, Fungizide und immer mehr Dünger. Schnell verlieren die Böden die eigene Fruchtbarkeit und hängen fortan am Tropf der Chemie-Industrie. Berufskollegen klagen über Kopfschmerzen, brennende Augen und Atemprobleme. Und so richtig schmecken will das eigene Gemüse auch nicht mehr.
Am Anfang stand die Bio-Kartoffel
So beginnt Heinrich Bursch schon 1964, seinen Hof biologisch zu bewirtschaften. Mit Kartoffeln. Als seine schwangere Frau Margarete rohen Kartoffelsaft gegen Sodbrennen trinken möchte, trifft der Öko-Pionier eine nicht nur für den Hof weitreichende Entscheidung: Er lässt die Erdknollen ohne Einsatz chemischer Mittel gedeihen und baut so das wohl erste Bio-Lebensmittel der Köln-Bonner Bucht nach dem Krieg an.
Steiniger Weg der Nachhaltigkeit
Es folgt eine harte Zeit. Die Dorfbewohner stempeln Heinrich und Margarete als Spinner ab. Und auf den Feldern gedeihen die Pflanzen zwar ohne Giftstoffe, dafür sinken aber die Erträge und der Kampf gegen Schädlinge und Krankheiten beginnt aufs Neue. Doch das Ehepaar hält an seiner Überzeugung fest. Sie besinnen sich auf althergebrachtes Wissen und entwickeln nachhaltige Anbaumethoden. Sie tauschen sich mit der wachsenden Schar Gleichgesinnter aus, die nach den biodynamischen Ideen des Anthroposophen Rudolf Steiners wirtschaften (später Demeter Verein). Der Hof selbst bleibt jedoch zunächst unabhängig.
Bornheimer Bio: Direktvermarktung am Hof
Werden die giftfrei angebauten Kartoffeln zunächst nur an revolutionäre Kunden nach Köln und Bonn geliefert, kommen bald mehr und mehr Abnehmer direkt zum Hof. Mit ein paar Holzkisten, einer Waage und jeder Menge Herzblut richtet das Ehepaar 1968 einen kleinen Hofladen ein und beginnt mit der Direktvermarktung. Im Angebot: ökologisch erzeugtes Obst, Gemüse und zu Vollkornbrot verarbeitetes Getreide.
Bundesverdienstkreuz für ökologischen Landbau
Seit den 70ern erkennen mehr und mehr Menschen die Zusammenhänge von Umwelt, Ernährung und Gesundheit. Die Kundschaft wächst, Bio boomt. Erstmalig besuchen auch Geschäftskunden den kleinen Laden. Und so wächst die Bornheimer Bio-Landwirtschaft, während immer mehr Nachbarn die Zeche der Modernisierung zahlen und mit der Landwirtschaft aufhören. 1994 ist der Sprung von Spott zur Ehre endgültig geschafft: Als Wegbereiter des ökologischen Landbaus erhält Heinrich Bursch kurz vor seinem Tod das Bundesverdienstkreuz am Bande.