Die Marktleitung für 17 Marktstände teilen sich Jennifer Kalus und Joachim Reuter

Der Biohof Bursch fährt wöchentlich auf 17 Märkte in Köln, Bonn, Leverkusen und im Bergischen Land. Diese Märkte samt LKW, Marktanhänger und Personal zu organisieren und zu leiten, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Jennifer Kalus und Joachim Reuter teilen sie sich hälftig. Was zu ihrer Arbeit gehört und wie sie sich auf unserem Hof einbringen, darüber hat Lothar Tolksdorf im Namen vom Biohof Bursch mit ihnen gesprochen.

Lothar Tolksdorf für den Biohof Bursch, im Folgenden „BB“:      Hallo Ihr zwei! Schön, dass Ihr gemeinsam hier sein könnt.

Joachim Reuter, im Folgenden „Jo“:   Ja, Moin.

Jennifer Kalus, im Folgenden „Je“: Na klar, gerne! Hallo!

BB: Ihr seid schon geraume Zeit bei uns, wie lange eigentlich? Und seit wann als Leitung für die vielen Märkte?

Jo: Neun Jahre, seit zwei Jahren Leitung.

Je: Ich seit 2011. Das erste Mal habe ich mit einem gewissen Lothar Tolksdorf in Klette (Klettenberggürtel Köln, die Redaktion) zusammengearbeitet. Marktleitung bin ich seit 2019 mit dem Joachim zusammen.

BB: Ihr seid, wie viele andere auf unserem Hof, Quereinsteiger. Was habt Ihr vor dem „Leben im Gemüse“ gemacht?

Jo: Ich war Maler und hatte als Meister eine kleine Malerfirma.

Je: Naja. Ich wurde abgeworben von einem anderen Marktstand. So quer war das also gar nicht. Davor allerdings habe ich fertigstudiert: Soziale Arbeit.

BB: Beide seid Ihr – neben Eurer Leitungstätigkeit – nach wie vor auf den Märkten als Verkäuferin und Verkäufer bzw. Fahrer und Marktteamleiter unterwegs. Warum diese Zweiteilung der Arbeit?

Je: Es geht um die Balance.  Arbeit auf dem Markt und Leitung aller Märkte; da bekommt man einen ganzheitlichen Blick.

Jo: Fahrer werden immer gebraucht. Deshalb arbeite ich immer auch auf dem Markt. Man ist nah dran. Ich weiß als Leitung, was die brauchen, die ich zu leiten habe, wenn ich selbst einer von denen bin.

BB: Damit Ihr also auf den Markt fahren könnt, müsst Ihr Euch die Leitung der Märkte teilen. Gibt es noch andere Gründe, den Leitungsjob gemeinsam zu machen? Wie klappt die Zusammenarbeit?

Je: Zuerst und am wichtigsten: Man kann sich das Markthandy teilen.

BB: Kurze Zwischenfrage. Warum ist das so wichtig?

Je: Naja, wenn irgendjemand der Marktleute irgendeine Frage hat, dann geht die ans Markthandy. D.h. als Marktleitung bist du fast andauernd am Telefon. Und wenn man nicht telefoniert, muss man erreichbar sein. Das ist dauerhaft ganz schön anstrengend. Was war die eigentliche Frage?

BB: Warum Ihr Euch die Marktleitung teilt und wie das klappt.

Je: Ach ja! Zweitens teilen wir uns den Job, weil auf dem Markt zu arbeiten und gleichzeitig alle 17 Burschstände zu leiten, für eine Person nicht geht, allein vom Stundenaufkommen nicht. Na und drittens: Irgendwas ist immer. Und wenn man „immer“ in „halbimmer“ zweiteilen kann, ist das wunderbar.

BB: Und Ihr zwei? Ihr seid recht unterschiedlich. Kommt Ihr miteinander zurecht?

Jo: Das klappt ganz gut mit uns.

Je: Na hör mal, großartig klappt das mit uns!

Jo: Stimmt. Es klappt wirklich richtig gut mit uns.

BB: Die Sache mit dem Handy lässt mich nicht los. Wie grenzt Ihr Euch denn ab?

Je: Wir grenzen uns nicht ab, das geht fast nicht. Wir sind fast immer da.

Jo: Wir grenzen uns nicht ab, wir wechseln uns ab.

BB: Was sind die Aufgaben eines Marktleiters beim Bursch, außer sich das Markthandy zu teilen?

Jo: Personal, also Personalplanung und das Annehmen aller Anliegen, die Personal so mit sich bringt. Aber eigentlich, dass es den Leuten auf dem Markt gut geht. Das ist mir sehr wichtig. Und: es muss auch dem Hof gut gehen. Beides.

Je: Organisatorische Dinge, und alles was daran hängt. Wenn wir eine Neuerung einführen, müssen das alle Marktmitarbeiter mitbekommen. Und dann brauchen wir ein Feedback, ob das auch funktioniert. Wir entwickeln die Märkte weiter. Wir schauen auf die Zahlen.

Jo: Und schnöde Marktverwaltung, das gehört auch zu unserem Job. Im Hintergrund läuft ganz viel, was man am Marktstand nicht sieht. Reparaturen, TÜV, Urlaubsregelungen. Ja, und Woche für Woche wiederkehrende Aufgaben: Angebotsschilder neu schreiben, Preisschilder drucken und austauschen, und und und.

Je: Und das geht zu zweit viel besser. Wir sind eben ein Team, ein Zweierteam, und zwar ein echt gutes.

BB: Wird es auch manchmal richtig schwierig?

Jo: Also immer wieder richtig schwierig ist es, den Dienstplan zu erstellen. Woche für Woche.  Du hast den Plan gerade fertig, da meldet sich jemand krank, und dann noch jemand und noch jemand. Und jedes Mal fängst du an, den Plan neu zu stricken. Es wird schwierig, wenn einem dann alles aus dem Ruder läuft. Desaströs ist, wenn sich zwei Fahrer gleichzeitig krankmelden. Wer soll dann den LKW mit Hänger auf den Markt fahren?

Je: Für mich hat Dienstplanen etwas Strategisches. Das ist so ein bisschen wie Schiffe versenken. Irgendwie klappt es am Ende immer.

BB: Musstet Ihr denn einen Markt schon einmal absagen, weil zu wenig Leute da waren?

Jo: Ich hatte es einmal, da dachte ich, ich müsste einen Markt absagen. Etliche Krankmeldungen, keine Reserveleute, es war monströs schwierig. Und dann rief der Marktveranstalter an, dass der Markt ausfällt. Das war Fügung.

BB: Das hört sich nach echter Herausforderung an. Wenn man Euch aber so sieht und hört, scheint Ihr Eure Arbeit aber trotzdem gerne zu machen. Woran liegt das?

Je: Der Umgang mit den Leuten ist das Schöne. Es ist der Kontakt. Wir entwickeln Nähe zu den Menschen. Das ist es. Und ich sehe immer wieder das Ganze. Wir verbinden Hof und Markt. Da steckt ganz viel von dem Demeter-Gedanken drin. Wir können ganz viel Wissen vermitteln in unserer Position. Wir sind eine Art Bindeglied.

BB: Gibt es eine Devise, nach der Ihr mit Euren Marktleuten kommuniziert?

Jo: Ja, ganz klar: Ich bin immer erstmal nett und freundlich, auch wenn es von meiner Seite aus um etwas Ernstes oder Ärgerliches geht, oder etwas Ähnliches. Erstmal den anderen hören, und: gemeinsam eine Lösung finden, darum geht es.

Je: Wenn ich angekratzt bin und mich über etwas ärgere, versetze ich mich ganz bewusst in einen Zustand der Herzlichkeit. Verärgert werden kann man immer noch. (lacht)

BB: Eure Abteilung hat im Moment 51 Leute. Davon arbeiten 23 über Mini-Job, 28 sind fest angestellt. Wie hoch ist die Fluktuation?

Jo: Dieses Jahr ist die Fluktuation relativ gering. Ob das an Corona liegt? Ich weiß es nicht. Tatsächlich gehen ganz selten Leute, weil Ihnen die Arbeit nicht mehr gefällt oder es schlechte Stimmung gibt. Die Gründe liegen meist woanders. Studenten wechseln den Ort oder oder oder.

BB: Was war Euer kuriosestes Erlebnis als Marktleiter?

Je: Ha, ich hätte nie gedacht, dass ich abends um halb acht einmal einen Anruf bekommen würde, ob ich nicht wisse, wem die Schafe gehörten, die auf dem Hof frei herumliefen. Wir haben ja keine Schafe. Zum Schluss waren die irgendwo ausgebüchst und zufällig bis zu uns gelangt.

BB: Hatte oder hat Corona Einfluss auf Eure Arbeit? Welchen?

Je: Zur Hochzeit hatten wir viele Ausfälle z.B. wegen Testungen oder auch wegen des Alters der Mitarbeiter; bei uns arbeiten eine Reihe Leute, die zur Risikogruppe gehören. Es ist eine Krise, an der wir alle wachsen. Alle sind füreinander da. Es ist ein schönes Miteinander.

Jo: Du lernst Gelassenheit und Gleichmut. Wir haben viele Mitarbeiter, die eingesprungen sind. Du lernst Krisenmanagement. Ich habe gelernt, nicht auf jede sich anbahnende Katastrophe aufzuspringen.

Je: Du wirst organisierter. Strukturierter. 1000 Sachen drängen immer, aber irgendwann ist auch mal Feierabend. Auch das lernt man.

BB: Wie gut kommst du morgens aus dem Bett, wenn es auf den Markt geht? Euer obligatorischer Wachmacher?

(Gelächter bei beiden) Je: Ich stelle mir zwei Wecker und trotzdem habe ich schon verschlafen.

Jo: Ich brauche eine gewisse Zeit, um hochzufahren. Ich stehe also mindestens 1,5 Stunden früher auf, als ich aus der Tür muss. Ansonsten? Ich sage mal: Kaffee!!! Erschreckend ist es, wenn du morgens um sechs merkst, dass das Gehirn einfach besser funktionieren müsste.

Je: Meine Motivation ist immer die Vorfreude auf nette Kollegen. Ja wirklich!

BB: Kocht Ihr gerne? Was kocht ihr zurzeit besonders gerne?“

Je: Schau mal auf meinen Blog: www.kaetzchenschwarz.de .Jetzt spontan: Klassisches, Modernes, Ausgefallenes …ach, wirklich, guck besser auf den Blog.

Jo: Gemüsepfannen und Salate. Und Hausmannskost, aber eher sehr experimentell. Schmeckt häufig mal nicht so gut. (lacht) Oder sagen wir mal anders.

BB: Sticht da etwas heraus? Stichwort Lieblingsgericht von welchem Gemüse? 

Je: Das hängt wirklich komplett von der Jahreszeit ab. Ich gucke, was es gibt, und dann schält sich da ein Liebling raus.

BB: Was ist Eure liebste Jahreszeit?

Je: Nee, gibt es nicht. Irgendwas ist immer schön.

Jo: Bei mir doch! Frühling. Frühjahr. Wegen der Natur. Ich freue mich immer dermaßen über die neue Frische beim Gemüse und dann natürlich, wenn es nicht mehr so kalt ist.

BB: Was gefällt Euch am Markt?

Je: Kann ich nicht sagen, was mir nicht gefällt? Das ist weniger!

Jo: Der Aufbau, ganz klar. Mir macht es riesige Freude, das frische Zeug wunderschön aufzubauen. Und dann natürlich der Umgang mit Kollegen und Kunden gleichermaßen.

Je: Kann ich noch etwas ergänzen? Frische Luft, Sonnenlicht und duftende Ware zaubern mir und anderen ein Lächeln ins Gesicht. Man verkauft was Gutes. Man lernt sehr nette Leute kennen.

Jo: Ja, meistens ist es mehr, als ein reines Kundenverhältnis. Das ist ein Luxus!

Je: Es fühlt sich nicht wie Arbeit an. In jedem Fall vermischen sich Arbeit und Privates. Markt ist erfüllend.

BB: Würdet Ihr meinen, dass Ihr Euch entwickelt habt?  Wie?

Jo. Ja, auf jeden Fall.

Je: Äh, Jaaaa!!!! Natürlich!

Jo: Ich würde sagen, dass ich betriebswirtschaftlich und menschlich zugleich denke. Der Hof will leben. Die Menschen wollen leben. Ich habe einen Rundumblick bekommen.

Je: Ich lerne technische Dinge. Ich lerne Gelassenheit. Ich lege mir einen großen Wissensschatz zu. Man wächst rein. Jetzt ehrlich, das ist wie eine Ausbildung.

BB: Was empfehlt Ihr Menschen, die sich für den Markt bewerben?

Jo: Feste Schuhe! (lacht)

Je: Müsste es nicht heißen: Welchen Menschen empfehlt Ihr eine Bewerbung für den Markt?

Jo: Die müssen nett sein und Interesse an anderen Menschen haben. Gleichmut. Kräftige Stimme. Interesse an Bio. Qualitätsbewusstsein.

Je: Standardantwort, aber so ist es einfach: Teamplayer. Als Einzelkämpfer hast du an unserem Stand nichts verloren.

BB: Ihr beiden, ich danke Euch für dieses Gespräch.

Jo: Bitte.

Je: Gerne. Danke für Deine Gedanken, die du Dir gemacht hast.

Jo: Ja, es war interessant, für die Fragen eine Antwort zu finden.

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Mehr zu unserer Hofgeschichte und dem Biohof Bursch findest du unter der Rubrik Hof.

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Der Biohof Bursch ist ein Familienunternehmen mit ca. 100 Mitarbeitern in verschiedenen Bereichen. Wir bauen über 60 Sorten Obst und Gemüse in Demeter Qualität selber an. Die erzeugten Produkte werden im eigenen Hofladen und auf 17 Wochenmärkten in den Regionen Köln, Bonn, Leverkusen und im Kreis Bergisch Gladbach vertrieben.

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